Plötzliche Wesensveränderungen im Alter

„War die Oma eigentlich schon immer so gemein?“, fragt ein sechsjähriger Junge seine Mama auf dem Heimweg vom Großelternbesuch. Früher hat sie ihm Geschichten vorgelesen und leckeren Schokopudding gekocht, heute kann sie sich oft nicht sofort an seinen Namen erinnern. Und an diesem Tag hatte sie einen richtigen Wutanfall, der die ganze Familie erschreckte. Was hat es damit auf sich, wenn plötzliche Wesensveränderungen im Alter auftreten?

Plötzliche Wesensveränderungen im Alter können auf eine Demenz hinweisen. Hier zu sehen ist ein älterer, grimmig dreinblickender Mann
Wutanfälle und unangemessenes Verhalten können auf eine Demenz hindeuten.

Was verursacht die Wesensveränderungen?

Persönlichkeitsveränderungen sind das Kernsymptom der frontotemporalen Demenz. Bei dieser relativ früh einsetzenden Form der Demenz kommt es zu Schädigungen des Gehirns. Diese Schäden treten in den Bereichen auf, die für die Persönlichkeit zuständig sind. Das betrifft vor allem den vorderen Teil des Gehirns, das Frontalhirn.

Auch ein Unfall oder ein Schädel-Hirn-Trauma, bei dem der Frontallappen verletzt wird, können dazu führen.

Im Alter ist der Auslöser meistens die Alzheimer-Demenz. Wenn kein erkennbarer äußerer Grund erkennbar ist und sich zusätzlich auch Vergesslichkeit sichtbar macht, ist Alzheimer als Ursache sehr wahrscheinlich.

Im Verlauf der Alzheimerkrankheit sterben graue Zellen im Gehirn ab. Das Gehirn schrumpft also mit der Zeit. Betroffen ist auch das Frontalhirn. Dort “sitzt” zum einen die Persönlichkeit, gleichzeitig ist es auch Kontrollzentrale für Verhalten. Dieser Teil des Hirns trifft Entscheidungen und hilft uns dabei, uns auf eine Aufgabe zu konzentrieren ohne uns ablenken zu lassen. Es steuert die Aufmerksamkeit und koordiniert komplexe Bewegungen. Und es wägt die Konsequenzen von Verhalten ab. Dieser Teil des Hirns, der also vorher unangebrachte Bemerkungen unterdrückt hat, ist beeinträchtigt.

Enthemmung und Vergesslichkeit

In der Folge kommt es zu unkontrollierten Wutausbrüchen, gemeinen oder sexuellen, unangebrachten Bemerkungen. Das kann befremdlich und verletzend sein. Besonders dann, wenn die betroffene Person vorher sehr besonnen und freundlich war. Wenn Sie aber verstehen, welche Veränderungen im Gehirn auftreten, können Sie dieses Verhalten gut erklären. Erinnern Sie sich daran, dass der oder die Betroffene nichts dafür kann. Auch, wenn es schwer ist: versuchen Sie, es nicht persönlich zu nehmen.

Schwierig wird es gerade dann, wenn sich zu der Enthemmtheit auch Vergesslichkeit gesellt. Wenn die Oma das Bedürfnis nach Sicherheit hat, könnte sie Ihre Wertgegenstände verstecken. Später allerdings hat sie dann schon wieder vergessen, an welchem sicheren Platz sie ihr Geld oder ihr Schmuckstück verstaut hat. Und vor allem, dass Sie es versteckt hat. Das unerklärliche Verschwinden führt zu falschen Beschuldigungen. Wie man mit solchen Situationen umgehen kann, haben wir für Sie hier [LINK] beschrieben.

Wichtig ist immer, nach dem Auslöser des negativen Gefühls zu suchen. Ist die Person verwirrt, frustriert oder wütend? Woran kann das liegen? Vielleicht gibt es ein Problem, das sie nicht mehr ausdrücken kann. Möglicherweise haben Sie eine Frage zu kompliziert formuliert oder zu viel Druck ausgeübt. Ihr An- oder Zugehöriger ist in vielen Dingen langsamer als Sie und braucht einfache Fragen und Anweisungen. Versuchen Sie, sich darauf einzustellen. Das Leben ist stressig und durchgetaktet, aber das funktioniert für den Menschen mit Demenz nicht.

Es könnte auch sein, dass der Mensch gerade ein Bedürfnis hat, das er nicht formulieren kann. Vielleicht ist es zu warm oder zu kalt im Raum, er hat Schmerzen oder ein Kleidungsstück zwickt. Spielen Sie Detektiv, eventuell lässt sich das Problem ganz einfach lösen.

Tipps zur Kommunikation bei plötzlichen Wesensveränderungen im Alter

  1. Bleiben Sie ruhig und freundlich. Wenn Sie auf den Zug aufspringen besteht Gefahr, dass ein Konflikt entsteht oder die Situation eskaliert.
  2. Nehmen Sie kurz Abstand. Möglicherweise ist der Auslöser für das Gefühl gleich wieder vergessen.
  3. Diskussionen mit Argumenten funktionieren nicht mehr. Anstatt Ihr Gegenüber überzeugen zu wollen, sollten Sie auf die emotionale Schiene wechseln und dessen Gefühle bestätigen.
  4. Lenken Sie die betroffene Person ab. “Ja, das ist sehr ärgerlich! Komm, wir gehen ein bisschen nach draußen, die Sonne scheint so schön!”
  5. Man kann es nicht oft genug sagen: Nehmen Sie es nicht persönlich! Der Betroffene kann nichts dafür. Versuchen Sie, zu verstehen, woher das negative Gefühl kommt.

Plötzliche Wesensveränderungen im Alter können herausfordernd sein. Begegnen Sie ihnen mit Verständnis.

Foto: https://images.pexels.com/photos/7322076/pexels-photo-7322076.jpeg?auto=compress&cs=tinysrgb&w=1260&h=750&dpr=2xels

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert