Demenz und Sexualität

Wenn es um die Sexualität der älteren Generation geht, möchten wir am liebsten nichts davon hören. Was bei unseren Eltern oder sogar den Großeltern im Bett passiert – ein schambehaftetes und tabuisiertes Thema. Besonders schwierig wird es, wenn Demenz und Sexualität aufeinandertreffen. Die Diagnose wirft einige Fragen auf: Kann eine an Demenz erkrankte Person noch einvernehmlich sexuell aktiv sein? Wieso verhalten sich Menschen mit Demenz oft so unangebracht, z.B. wenn sie sich in der Öffentlichkeit entkleiden?

Demenz und Sexualität: älteres Pärchen lacht
Eine Demenz-Diagnose kann in einer Partnerschaft Fragen aufwerfen.

Veränderungen im Gehirn beeinflussen Sexualität

Als neurodegenerative Erkrankung ist das Hauptmerkmal der Demenzen, dass Veränderungen im Gehirn stattfinden. Diese Veränderungen wirken sich vor allem auf das Gedächtnis aus, aber auch auf Funktionen wie die Sprache, die Orientierung und die Motorik. Wie jedes Verhalten wird auch die Sexualität über das Gehirn gesteuert. Vor allem das Frontalhirn hinter der Stirn ist wichtig. Die Krankheit stört diese “Kontrollzentrale”. In der Folge können Patient:innen enthemmt sein, sodass sie ihren Impulsen nachgeben, ohne die Folgen abzuwägen.

Sexualverhalten bei Demenzpatienten

So vielseitig wie Menschen sind, so unterschiedlich kann sich eine dementielle Erkrankung auf das Sexualverhalten auswirken. Die meisten Demenzpatienten zeigen eine verringerte Sexualität, einen sogenannten Libidoverlust. Nähe kann weiterhin ein wichtiges Bedürfnis sein.

Es gibt allerdings auch den umgekehrten Fall: Ein Mensch mit Demenz zeigt gesteigertes Sexualverhalten. Das kann sich auf verschiedene Arten äußern: ein Patient kann sich selbst oder pflegenden Personen in den Schritt greifen, sexuell enthemmte Kommentare von sich geben, sich entkleiden, sexuelle Handlungen an sich oder anderen vornehmen.

Demenz und Sexualität: Wie reagieren?

Wie reagiert man auf so einen Vorfall?

Auch, wenn die Situation sehr aufwühlend sein kann: Bleiben Sie ruhig. Eine Konfrontation ist in den wenigsten Fällen sinnvoll. Erinnern Sie sich daran, dass die betroffene Person höchstwahrscheinlich nichts für ihr Verhalten kann. Der Übergriff ist also eher als Symptom der Krankheit anzusehen, als als ein Angriff auf Ihre Person.

Zunächst sollte geprüft werden, ob das Verhalten nicht einen anderen Hintergrund hat. Die Kleidung könnte unbequem sein, so dass sich die Person ohne sexuellen Anreiz auszieht. Ein Griff zwischen die eigenen Beine könnte Ausdruck dafür sein, dass der Mensch auf die Toilette gehen möchte. Hier ist Feingefühl gefragt.

Im Allgemeinen gibt es kein Patentrezept für die Reaktion auf eine unangebrachte sexuelle Handlung. Ablenken und Nichtbeachten kann helfen, in manchen Fällen führt das Ignorieren aber auch zu einer Verschlimmerung des Verhaltens.

Diskutieren und Vorwürfe machen wird Ihnen nichts bringen. Es kann trotzdem hilfreich sein, seine Grenzen klar aufzuzeigen. Erinnern Sie den Patienten, dass Sie seine Pflegekraft und nicht seine Partnerin sind. Teilen Sie ihm klar und deutlich mit, dass Sie das Verhalten nicht wünschen, bleiben dabei aber möglichst ruhig.

Versuchen Sie es mit Ablenkung – bieten Sie der betroffenen Person eine Ablenkung (z.B. “Was sehen Sie da gerade wenn Sie aus dem Fenster sehen?”) oder eine Handlungsalternative (z.B. “Könnten Sie diese Flasche einmal für mich halten?).

Sollte sich keine Besserung zeigen und die Ablenkung nicht wirken, verlassen Sie ruhig die Situation und bitten Sie möglicherweise andere Pflegekräfte um Hilfe.

Einvernehmlichkeit bei Demenz und Sexualität

Abgesehen von Situationen in der Pflege kann eine Demenz auch für Unsicherheit in Partnerschaften sorgen. Sexuelle Handlungen sollen nur einvernehmlich stattfinden. Aber kann eine Person, die keine Entscheidungen mehr treffen kann, ihr Einverständnis geben?

Rechtlich ist diese Frage nicht geregelt. Da bei Demenzpatienten auch die Tagesform einen großen Unterschied machen kann, kann man selten pauschale Aussagen treffen. Grundsätzlich heißt ist ein “Nein” ein Nein. Auch nonverbale Hinweise sollten eine klare Sprache sprechen: zeigt die Person negative Gefühle oder fühlt sich sichtbar unwohl, kann nicht von Einvernehmlichkeit ausgegangen werden. Im Zweifelsfall: lieber eine andere schöne Aktivität für sich und den Partner aussuchen.

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